Mobile Softwarestores, Piraterie und Schutzmassnahmen

Anti-Piracy Im Zusammenhang mit der Phase 2 des Windows Marketplace for Mobile, in deren Rahmen am 11. November auch der verstärkte Kopierschutz (“advanced anti-piracy protection”) verfügbar wurde (dieses Blog hat hier und hier berichtet), gibt es derzeit in der Entwicklercommunity heisse Diskussionen darüber, ob der Schutz ausreicht und warum Microsoft nicht zusätzliche herstellereigene Kopierschutzmassnahmen (Lizenzschlüssel, Aktivierung) zulässt. Dazu einige Kommentare meinerseits.

Erstens stellt der Marketplace einen zentralen Distributionskanal dar, für den Microsoft verantwortlich ist. Der Kunde erwartet hier, dass er eine Software nach Erwerb auch sofort benutzen kann (wie er das evtl. von anderen ähnlich gearteten Stores gewöhnt ist) und nicht erst noch zusätzlich beim Hersteller nach Aktivierungsschlüsseln, Freischaltung o.ä. nachfragen muss.

Zweitens kann jede wie auch immer geartete Kopierschutzmassnahme mit ausreichendem Aufwand überwunden werden – niemand sollte sich hier Illusionen ob der Sicherheit “seiner” Methode machen. Deshalb kann jede solche Massnahme die Hürde nur geeignet höher legen und “casual copying” ausschließen bzw. aufwändige Crack-Massnahmen uninteressant machen. Es muss immer eine Abwägung zwischen der Größe der Zielgruppe, die man erreichen kann, und der Anzahl der Käufer, die man potentiell abschreckt, geben. Darum auch gibt es im Marketplace zwei Schutzlevel. (Einfache Rechnung: Wenn ich über einen Kanal 1000 Lizenzen absetze, bei einem Raubkopieranteil von 10%, und dann über einen anderen Kanal die zehnfache Menge an Lizenzen, bei doppelt so hohem Raubkopieranteil, habe ich meinen erzielten Umsatz trotzdem um ca. 790% gesteigert.)

Drittens gibt es heute keinen mobilen Softwarestore, der einen absolut sicheren Kopierschutz anbietet. Vertrauenswürdige Schätzungen gehen bspw. davon aus, dass im App Store von Apple bei ca. 60% aller kostenpflichtigen untersuchten Anwendungen der Kopierschutz schon umgangen wurde und der Anteil der raubkopierten Installationen bei diesen bei ca. einem Drittel liegt. (!)

Vielleicht können diese Aspekte ja dazu beitragen, die Emotionen in der Diskussion zu diesem Thema etwas zurückzunehmen und den Kopierschutz als das zu sehen, was er ist: ein pragmatische Abwägung, wie leicht oder schwer der Zugang zu Software (oder Produkten allgemein) sein sollte, um den erzielbaren Umsatz zu maximieren.