Cloud Computing-Der Spiegel, FTD und why IT doesn’t matter

Hi… (this time in German)

In der FTD von Freitag konnte man unter „Heiter bis wolkig“ (S.30) ein Zitat von Richard Stallmann lesen „Cloud Computing ist Dummheit. Es ist eine Marketing-Hype-Kampagne“. Ich verkneife mir hier mal zu wiederholen was die Mehrheit der IT Branche von Stallmann und seinen Statements hält. Wer nähmlich den Spiegel-Artikel „freiheit@unendlich.welt“ (Der Spiegel, 33/2009, S.68ff) liest, könnte nach meinem Zitat dort dem Eindruck verfallen, Stallmann und ich seien gleicher Meinung. Um es kurz zu machen: Um Himmelswillen!

Nun, in einem sind Stallmann und ich gleicher Meinung: Wer auf die Vertraulichkeit seiner Daten Wert legt, sollte sich werbefinanzierte Dienste sehr genau ansehen. Das Kleingedruckte ist das Interessante aus zweierlei Sichtweise. Zum einen hat das Internet auch schon erlebt, dass dieser super-coole Startup mit seinem super-coolen Dienst sich leider keine ausreichenden Gedanken zur Refinanzierung desselben gemacht hat. Dann verschwindet der innerhalb von zwei Wochen. Sollten Sie den Zeitpunkt zum synchronisieren Ihrer Daten verpasst, nennt man das wohl Pech. Wer sein Geschäftsmodell gerade auf Twitter baut, dem sei dies auch mal als Hausaufgabe mitgegeben. Zum Zweiten steht in diesem Kleingedruckten ab und an, dass diese Benutzerdaten zum Zwecke der besseren Verwertbarkeit für Werbung indiziert werden dürfen. Was ich den Artikeln im Spiegel und der FTD entnehme: Man wird sich darüber bewußt, ist geschockt. Wer darüber noch ein wenig lachen will, mag sich dieses Video ansehen (https://www.theonion.com/content/video/google_opt_out_feature_lets_users). Vorsicht, schwarzer Humor.

Betrachten wir das Thema aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Es gab da im Jahre 2003 einen Artikel, der die ganze IT Welt verschreckt hat: Why IT doesn’t matter (siehe https://www.nicholasgcarr.com/articles/matter.html). Das schlimme: Mr. Carr hat sogar recht, zumindest halbwegs. Man kann seine IT nämlich in zwei Teile zerlegen: Eine Brot-und-Butter-IT und eine Competitive-Advantage-IT. Letztere ist die, die Carr ein wenig außer Acht lässt. Wer die Schlagzeilen der letzten Wochen verfolgt hat, weiß, dass einer amerikanischen Bank Teile ihrer Software zur Markbewertung geklaut wurden. Die Art und Weise wie sie den Markt beurteilen, macht aber gerade ihren Vorsprung vor ihrer Konkurrenz aus, sagen sie zumindest. Dieses „Auslagern in die Cloud“ war etwas unfreiwillig. Zeigt aber, dass es durchaus IT gibt, die mir Competitive Advantage gibt.

Kommen wir zur Brot-und-Butter-IT. Nehmen wir mal Email als Beispiel. Wenn Sie kein derartiges Angebot in Ihrem Unternehmen haben, würde ich das mal Competive-Disadvantage bezeichnen. Wenn Sie welche haben und sie gut funktioniert, ist das noch keine Competitive-Advantage. Es ist einfach eine schlichte Notwendigkeit. Was machen wir aber als gute Betriebswirte mit solchen Notwendigkeiten? Nun, wir nehmen sie unter die Lupe, ob man da nicht noch ein wenig einsparen oder optimieren könnte. Sehr schnell kommt man auf die Idee, den Betrieb des eMailsystems nicht als Kernkompetenz des eigenen Betriebs zu identifizieren. Kann man das also outsourcen?

Ja, man kann und beginnt damit sich Gedanken über eine Art IT-Supply-Chain zu machen. Ich habe ihm Rahmen einer akademischen Arbeit die Idee Supply Chain und Cloud Computing miteinander verglichen, das Paper findet sich hier (XPS https://www.cu-0xff.de/downloads/FrankFi_CloudComputingSupplyChain.xps / PDF https://www.cu-0xff.de/downloads/FrankFi_CloudComputingSupplyChain.pdf). Wichtig dabei ist, dass man akzeptiert, eine Supply Chain kann nicht nur physische Güter liefern, sondern auch Dienstleistung. Hoppla, dann passt das extrem gut zusammen.

Supply Chain und Supply Chain Management kennen wir alle und verwenden es jeden Tag. Man lagert Teile der Wertschöpfungskette an Zweite aus, weil die es billiger, besser, schneller können, reduziert Komplexität im eigenen Unternehmen. Mein Lieblings-BWL-Buch spricht von 20% Fertigungstiefe bei Automobilherstellern. Was wir aber auch gelernt haben, ist dass man diese Lieferanten managen muss. Man muss sie mit Information versorgen, Service-Level-Vereinbarungen treffen, diese Überwachen. Es gehört ein wenig Vertrauen dazu, solch einen Lieferanten zu wählen. Für den Lieferanten ist es enorm wichtig sich dieses Vertrauen zu erarbeiten und auf jeden Fall zu halten.

Voila, genau das finden wir bei Cloud Computing wieder. Die Bereitstellung von CRM, Email, Speicherplatz, CPU-Leistung etc. ist Brot-und-Butter-Geschäft. Es kann sich lohnen dies in eine Supply Chain zu schieben, weil zum Beispiel der Betrieb eines eMailsystems aus Compliance-Sicht einen Haufen Prozesse und Technik braucht. Dies bedingt, dass man sich die richtigen Lieferanten und Angebote sucht. Dies bedingt, den Lieferanten konkrete Forderungen bezüglich Dienstbereitstellung, Service-Level, Sicherheit und Lokalität der Daten zu stellen. Aber das kennen wir ja schon aus der Supply Chain, die uns täglich unsere Schrauben, Nägel oder Schweißdraht liefert. Wir erwerben den SOX-konformen Betrieb unseres System mit ITIL-Prozessen. Wir erwerben übrigens auch den CO2-Footprint des Lieferanten. Danach wird in nicht allzuferner Zukunft wahrscheinlich auch mal gefragt.

Das gerne strapazierte Argument der Sicherheit der Daten will ich noch kurz beleuchten: IT Security besteht aus Technik, Prozessen und Menschen. Hier scheint die Cloud sogar überlegen, weil ein spezialisierter Anbieter erheblich mehr in Technik, Prozesse und seine Spezialisten investieren kann, da er Economy of Scale betreiben kann. Einige Experten gehen soweit zu sagen, Cloud Computing kann von diesen Aspekten her den meisten lokalen Rechenzentren haushoch überlegen sein, aber... Jetzt komme ich zur Verantwortung des Kunden: Fordern Sie Nachweise über Schutz und Lokalität der Daten, zertifizierte Prozesse, Vertragsstrafen. All die Instrumente, die Sie in ihren anderen Supply Chains so erfolgreich einsetzen. Wahrscheinlich wird sich dann die Spreu vom Weizen einiger Anbieter trennen. Aber wenn Sie hier Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, dann nachher das Konzept Cloud-Computing verteufeln.

Zwei weitere wichtiger Aspekte kommt hinzu, wenn man der Aussage glaubt, dass man Produkte kopieren kann, nicht aber Menschen und Prozesse. Thema Prozesse: Der Wert eines Kommunikationssystems steigt also extrem, wenn es integriert werden kann in die jeweiligen Prozesse. Offene Standards heißt das Zauberwort. Es tut mir leid, Mr. Stallmann, aber offene Standards sind nicht gleich quelloffene Software. Eigentlich interessiert mich der Bauplan meines Staubsaugers nicht, solange er an einer üblichen Schuko-Steckdose betrieben werden kann. Vielmehr interessiert mich Preis, Saugleistung, Handhabung, Gewicht und Stromverbrauch. Wer immer da besser ist, gewinnt mein Herz. Auf IT gemünzt: Service Oriented Architecture oder SOA – dieses so gerne strapazierte Wort – wird zum Muss in der Cloud.

Thema Mensch: Je besser sich Software bedienen lässt – intuitiv genannt – desto besser kann sie den Menschen unterstützen. Hier schwapt gerade eine Welle getrieben von Web 2.0 und Multitouch-Devices quer durch die IT Welt. Betrachtet man IT nicht als Selbstzweck sondern als Hilfsmittel, verbietet sich eigentlich jede weitere Diskussion. Wir stecken heute viel Aufwand in die Fahrerkabine eines Baggers oder Mähdreschers, weil wir wissen, die Produktivität des Systems Mensch-Maschine steigt dadurch enorm. Nach kurzer Milchmädchenrechnung scheint das auch für das System Mensch-Computer gültig zu sein. Heutige IT ist in vielen Fällen pur funktional getrieben und lässt den Menschen als Teil des Systems außer acht. Da wäre dann noch viel Potential für Verbesserung. Nun habe ich mal jemanden sagen hören, dass Early-Adopter von Cloud basierenden Systemen einen Verlust an Funktionalität und Bedienbarkeit gerne hinnehmen, weil man als Cloud-Computerer halt irgendwie mehr Style hat. Falls Ihnen ein möglicher Lieferant mit sowas kommt, zeigen Sie mit Körpersprache deutlich was Sie davon halten und beenden Sie den Termin. Schöne Grüße von mir!!!

Ich persönlich finde das Thema Cloud Computing nur halb so spannend (weil es ja eigentlich nichts anderes wie eine Supply Chain ist) und auf der anderen Seite unglaublich spannend (weil es die IT gründlich umkrempelt).

Wir sind live dabei.

CU

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